Der Abschied war schmerzhaft

Zu Beginn der Winterferien nahmen wir alle ganz aufgeregt (mit einem selbstgebastelten Willkommensplakat) unser Gastkind Andrea Isabella in Empfang und wussten alle nicht so recht, was uns erwartet…

In den ersten Tagen und Wochen waren Kommunikations- bzw. Verständnisprobleme und die leicht angespannte, verklemmte Stimmung aufgrund des völlig Neuen und Unbekannten unsere größten Plagegeister. Wir sprachen oft zu schnell und zu sehr in unserem sächsischen Dialekt, sodass Andrea uns oft nicht verstand. Problematisch war in der Situation allerdings, dass sie sich nicht getraut hat, uns dies mitzuteilen und meistens bestätigt und abgenickt hat, was wir gesagt haben, aber uns -wie sich dann herausstellte- oft nicht verstand. Außerdem war da noch das Heimweh…

In den ersten Tagen und der ersten Woche war es am schlimmsten. Andrea schien bewusst geworden zu sein, wie lang knappe fünf Monate doch sind und wie weit weg sie nun von zu Hause ist. Wir gaben unser bestes um Andrea mit Expeditionen durch Dresden, gemeinsamen Spiele- oder Filmabenden etc. vom Heimweh abzulenken. Es gelang.

Nach den ersten Schulwochen, in denen Andrea ein wenig Zeit hatte sich in ihrer Klasse und der Stadt ein wenig einzufinden, machte Covid-19 uns einen gewaltigen Strich durch die Rechnung. Home-Schooling war angesagt. Auch hier mussten wir beide erst einmal einen gemeinsamen Rhythmus finden. Mit der Zeit gelang es uns gut den Tag gemeinsam mit den zu erledigenden Schulsachen zu meistern. Andrea war mir in dieser Zeit eine sehr große Hilfe, in dem sie mich motiviert und somit immer wieder dazu gebracht hat, weiter zu machen und mich nicht ablenken zu lassen. Dann kam die Zeit, in der wir ab und zu wieder in die Schule sollten. Die Klassen wurden in je 2 Gruppen aufgeteilt und sollten jeden 2. Tag abwechselnd in die Schule gehen. Es gab die Gruppen 1 und 2. Andrea und ich waren ungünstiger weise in 2 verschiedenen Gruppen und gingen somit immer in die Schule, wenn die andere zu Hause blieb. Aber auch das meisterten wir.

Mit der Zeit entwickelten wir einen gemeinsamen Handshake, dachten uns eine eigene Tanzchoreographie aus, mit der wir dann bei einem Wettbewerb gewannen und Andrea wurde wie eine Schwester für mich. Natürlich rückte der Abschied immer näher, auch wenn wir nicht genau wussten, ob aufgrund Corona der Flug geht oder zeitlich verschoben wird. Der Abschied war schmerzhaft. Andrea war mittlerweile ein neues vollwertiges Mitglied unserer Familie geworden. Und eine Schwester für mich. Noch heute telefonieren wir miteinander und schauen gemeinsam die Folgen unserer gemeinsam entdeckten Lieblingsserie.

Ella, Gastschwester von Andrea aus Kolumbien